Lkw-Maut wird ausgeweitet
Ab Mitte 2018 Pflicht für alle Bundesstraßen
von Redaktion
Bad Essen, 16.04.2016
Die Lkw-Maut wird ab Mitte 2018 auf alle Bundesstraßen ausgeweitet. Kritik am Beschluss des Kabinetts vom Mittwoch übte die Logistikbranche.
Mit dem von der Bundesregierung beschlossenen Gesetzentwurf sollen Verkehrsströme besser gelenkt und die Staatskassen mit zusätzlichen Einnahmen von bis zu zwei Milliarden Euro im Jahr aufgefüllt werden.
Nach dem Regierungsentwurf sollen ab 1. Juli 2018 für Lkw alle Bundesstraßen mautpflichtig werden. Das sind rund 40000 zusätzliche Kilometer. Die Zahl der mautpflichtigen Fahrzeuge von zuletzt 1,6 Millionen dürfte damit um etwa 130000 zunehmen.
„Mit der Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen vollziehen wir den Systemwechsel von einer Steuer- hin zu einer Nutzerfinanzierung unserer Verkehrsinfrastruktur“, sagte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). „Die Mauteinnahmen fließen direkt und dauerhaft in deren Erhalt und Ausbau.“
Bisher wird die Nutzungsgebühr für Lastwagen ab 7,5 Tonnen auf den rund 13000 Kilometer Autobahnen und auf 2300 Kilometer autobahnähnlichen Bundesstraßen kassiert. Die Mautpflicht für Lkw zwischen 7,5 und 12 Tonnen gilt bereits seit Oktober 2015. Spätestens bis Ende 2017 soll geprüft werden, ob die Maut auch auf kleinere Lkw ab 3,5 Tonnen sowie auf Fernbusse ausgedehnt werden sollte.
Die Einnahmen von zuletzt rund 4,5 Milliarden Euro fließen bisher allein an den Bund. Profitieren sollen nun aber auch die Länder: Da etwa acht Prozent des Netzes nicht in Bundeszuständigkeit liegen – vor allem Ortsdurchfahrten –, sollen dortige Einnahmen nach Abzug von Systemkosten den jeweiligen Ländern ausgezahlt werden.
Die Ausdehnung der Lkw-Maut war lange umstritten. Die SPD war dafür, um mehr Geld in den Straßenbau stecken zu können. Teile der Union warnten vor zusätzlichen Belastungen von Unternehmen.
Karlheinz Schmidt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) in Frankfurt, sieht zu viele Fragen, die offengeblieben sind. In einem Gespräch mit unserer Redaktion zeigte er sich verwundert über die lasche Reaktion der Bundesländer. In Erwartung von Mehreinnahmen hätten insbesondere die Flächenländer „die Kröte nicht gesehen, die sie bald schlucken müssen“. Denn von den Mauteinnahmen für die kurzen Wegstrecken, die den Ländern zuständen, bleibe nach Abzug der noch nicht definierten Gebühren für den künftigen Mautbetreiber für die Landes-Säckel nicht viel übrig. Zumal dort nur die Einnahmen hineinkämen, die aus der Berechnung des Bundesstraßenanteils innerorts ausgewiesen sind. „Die Länder haben kaum etwas davon“, zog Schmidt ein Resümee dieses Aspektes.
Er warnte davor, dass die Umsetzung der Berliner Mautpläne auch Arbeitsplätze kosten könne. Denn Betriebe, die sich abseits der Autobahnen angesiedelt hätten, könnten sich überlegen, wieder näher an die Schnellstraßen zu ziehen, damit sie für ihre Auftraggeber attraktiver werden, weil die Mautgebühren für den Lkw-Verkehr sinken.
Der Logistikexperte sieht nicht, dass die neuen Mautpläne noch vor der Bundestagswahl 2017 genau definiert werden. Denn keine potenzielle Regierungspartei gehe im Wahlkampf gerne auf Themen ein, deren Umsetzung letztlich der Verbraucher zahlen müsse.
Die Festsetzung der Gebühren sei von einem neuen Wegekostengutachten abhängig, dass noch nicht einmal in Auftrag gegeben sei. Schmidt befürchtet, dass der abgerechnete Lkw-Kilometer auf Bundesstraßen bis zu dreimal so kostspielig werde wie auf Autobahnen. Auch sei die Reaktion der EU auf das Vorhaben noch nicht absehbar.
Grundsätzliche Bedenken äußerte Schmidt bei der Frage, ob vorhandene Technik diese Verkomplizierung des Mautsystems meistern kann. Gerade bei der „innerstädtischen Bemautung“ sieht er Probleme. Wenn ein LKW etwa hundert Meter hinter dem Ortsschild von der Bundesstraße in ein Gewerbegebiet abbiege, wie werde dann die Gebühr berechnet? Bisher seien die Fahrstrecken auf Vier-Kilometer-Stücke angelegt – wie solle bei der Ungenauigkeit von GPS-Systemen dann innerhalb von Dörfern oder Städten genau abgerechnet werden. „Bevor wir uns hier ein System ans Bein binden, müssen wir sicher sein, dass es praktikabel ist. Wir können uns nicht vorstellen, wie das laufen soll“, merkte Schmidt für seinen Verband an.
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Ausgabe: Wittlager Kreisblatt
Veröffentlicht am: 16.04.2016